Kalender 2025 Februar

Casper und Zeus, das älteste Pärchen der Foundation. Es gibt so Hunde, die werden, aus welchen Gründen auch immer, hier bei uns vorgestellt. Man sieht sie und weiß – da zählen, wenn überhaupt, die inneren Werte. Aufgrund der Optik nimmt die sicherlich keiner mehr. Wenn dann aber in der Akte steht: Menschen gebissen, Tierpfleger wüst bedroht und mit Maulkorb verprügelt, hauseigene Katze getötet und gefressen oder getötet, weil gefressen, wird’s eng. Die Liste der Vergehen ist lang, und mein Gesicht dazu meist irgendwas zwischen Mitleid und Ekel.

Die Toleranzschwelle beim Menschen scheint dieser Tage unheimlich hoch, denn meist gab es auch im Vorfeld schon Probleme, die aber eben nicht ganz so schlimm waren. Und das, liebe Leute, ist eben auch genau das Problem. Am anderen Ende der Kommunikation hängt ein hochsoziales Lebewesen, für das jedes Wort und jede Geste zählt. Dinge, die uns nicht mehr wichtig sind – die aber eben auch genau den Zeitgeist widerspiegeln und Verursacher von so manchem selbstgemachten Problem und Unmut sind. Unterhaltungen und Beziehungen sind wichtig. Sie definieren uns und helfen uns, uns selbst zu verstehen, ganz egal, ob unangenehm, amüsant oder heftig. Kommunikation muss gelebt und praktiziert werden – alles andere führt zwischen zwei Individuen unweigerlich zur Eskalation.

Casper und Zeus kamen unabhängig voneinander, aber fast gleichzeitig her. Beiden wurden Vergehen wie Attacken aus dem Nichts, keine Dankbarkeit und Ungehorsam vorgeworfen. Während der schwarze Zeus aus Italien stammt, wurde Casper im schönen Griechenland geboren und dürfte einer Gilde von sogenannten Riotdogs angehört haben. Hunde also, die sich Menschen während Demonstrationen anschließen und der Polizei das Leben schwer machen. Casper fehlen ein Stück Zunge und Unterkiefer – vermutlich hat er mal einen Streifenwagen geküsst. Und was viel mehr Hinweis gibt, ist die Tatsache, dass man sich als Uniformierter Casper nicht nähern kann. Woher wir das wissen? Hold my beer.

Anyway. Die beiden Typen könnten unterschiedlicher nicht sein und sind dennoch wie Pech und Schwefel. Nicht nur optisch.

Hunde, die hier ankommen, die man kennenlernt, die man sieht und bei denen man weiß: Die sind nix für die Vermittlung in einen deutschen Haushalt. Zeus hat dort zwar seine Jugend verbracht, wurde aber mit Erreichen der Pubertät zunehmend verhaltensauffälliger und landete dann irgendwann – und sicherlich schweren Herzens – im Tierheim. Gemessen an den ganzen Abgabetieren dürfte Deutschland eines der schwersten Länder der Welt sein. Immer irgendwo zwischen Mitleid und Entsetzen … zumindest in Sachen Tierschutz.

Casper wurde gerettet und in einer Pension untergebracht. Hier griff er überwiegend Männer in Arbeitsklamotten an. Wie gesagt, er mag keine Uniformen – und wurde schon bald als unberechenbar zu uns gefahren.

Beide geben optisch für den gemeinen Tierschützer nichts her, und für Mitleidskäufe sind sie schlicht zu bissig. Das klingt böse? Das ist aber leider genau das, was der Tierschutz in Deutschland mit sich bringt. Auslandshunde werden vor allem dann gerettet, wenn sie klein, niedlich und mit einer herzzerreißenden Story völlig verängstigt auf einem Parkplatz im Sicherheitsgeschirr, zugepisst, in die Arme ihrer neuen, unhaarigen Pflegeeltern gedrückt werden können. Alte Hasen, die auch mal was dagegen haben oder nachfragen, wer man denn eigentlich so ist und was man so draufhat? NOT WELCOME.

Leute, wir sind pervers, leer und emotional ausgebrannt – deshalb funktioniert dieses Konzept, hinter dem nichts anderes als Hundehandel steckt, auch so gut. Zeus war ein Opfer davon und wurde vergessen, genauso wie Casper. Beide leben hier zusammen, gehen zusammen spazieren, gehen uns zusammen auf die Nerven und sind uneinsichtig wie Waldorf und Statler aus der Muppet-Show, wenn’s um Regeln und Gesetze geht.

Beide sind aber eben auch die, welche neue Hunde in der Gruppe erziehen und die anderen Mitglieder ermahnen, nicht zu grob zu werden. Was sie bei Menschen nicht mehr annehmen und akzeptieren, gelingt ihnen in Sachen Kommunikation und Hilfestellung bei Artgenossen mit Leichtigkeit. Die beiden waren nie in ernstere Kämpfe verwickelt oder wurden von anderen infrage gestellt. Casper ist der souveräne Standhafte, während Zeus wie ein messerscharfer Schatten um ihn herumwirbelt. Ein Team, das Tierarztbesuche und die jährlichen Entwurmungen zu einer wahren Work-Life-Threat Experience macht und einer Auslosung unter den Mitarbeitern bedarf, wer Caspers Schatten fängt, ehe eine Behandlung losgeht.

Autofahren, Gassi gehen, den Hof bewachen, soziales Miteinander mit Artgenossen, Kuscheleinheiten und dummes Rumgekasper sind aber mit beiden zu jeder Tag- und Nachtzeit möglich. Sie leben ein – sagen wir mal an Deutschland angrenzend – halbwegs angepasstes Leben und werden von uns genauso hingenommen, da wir finden, dass genau diese vergessenen, unfreiwillig geretteten Hunde ein Recht auf einen klaren und ihren Bedürfnissen angepassten Umgang haben. Man kann nicht alles aufs Sofa zwingen, und nicht jeder Hund kann in die Verantwortung genommen werden, einem zu zeigen, dass man wertgeschätzt, gebraucht oder geliebt wird.

Beide sind über die Jahre altersmilde geworden und mit 13 Jahren bereits graue Eminenzen. Wir zählen sie als wertvolle Mitarbeiter in Sachen Gruppenstruktur und Frieden – sehen aber auf der anderen Seite auch zwei Hunde, die hier nie eine Chance hatten und beide vom deutschen Tierschutz gerettet und dann in eine Tiefkühltruhe gesteckt werden sollten. Mission Failed!

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