Rastaff

Mischling, 7 Jahre alt, 666 Crew

Rastaff kam aus Frankreich zu uns. Er ist die unsanfte Mischung aus einem Rottweiler,einem Schäferhund und einem Kangal- klassischer RotSchaKal. Leider werden solche Hunde im Ausland viel und vor allem für die Abwehr ungebetener Besucher gezüchtet werden. Besondere Skills sind hier, dass fast lautlose und direkte Attackieren, das Bejagen von so gut wie allem in und um das eigene Grundstück herum sowie das selbstständige Aussortieren von Besuchern bei Tag. Rastaff hat allerdings in den Augen seiner Halter als junger Hund Fehler gemacht. Er hat die Hühner des Nachbarn gekillt, und zwar einige und so brachte man ihn in ein mit uns befreundetes Tierheim im Elsass. Ein Heim mit Menschen, die sich jeden Tag um die Tiere dort bemühen aber von weniger als Applaus leben und satt werden müssen. Fachkundige Einschätzung steht bei all den Sorgen eher weit hinten im Programm und so kam es, dass zwei Gassigeherinnen des Heims, spät abends bei Stromausfall mit Stirnlampen bewaffnet noch mal nach den Hunden sahen. Da Rastaff zu diesem Zeitpunkt mit grade mal 2 Jahren noch der Meinung war, dass man Decken und Wasser beim Toben gut kombinieren kann. Damit er die Nacht also nicht mit umgestoßenem Wassernapf und verkloppten, zerschüttelten Decken im Kalten verbleiben musste, entschlossen sich beide Damen ihm neue Decken und frisches Wasser zu geben. Rastaff fand die Idee mega witzig und sprang durch den Zwinger. Er rempelte eine der Damen um und packte sich erneut die Decke, als man ihn davon abbrachte, rempelte er erneut die Eindringlinge des guten Willens um und eskalierte völlig, als diese ihn schimpfend zur Seite schoben. Arme, Beine und ein Gesäß unterzogen sich danach einer Schönheits-OP und Rastaff stand ganz oben auf der Liste für die Tiefkühltruhe.

Doch damit wollte sich ein weiterer Gassigeher nicht zufrieden geben und so suchte er über die Landesgrenzen hinaus nach Hilfe und fand sie in Hörpel.

Rastaffs Ankunft gestaltete sich wie folgt, einige Stunden zu früh, mit einem gänzlich nackten Hund im Kofferraum und während meine Kollegen noch nach einer geeigneten Fangleine suchten, stand Rastaff bereits auf der Straße. Hoppla!

Ja genau Hoppla! Ein Wort das die Arbeit mit schwierigen Hunden im Tierschutz prägt. Ohne Leine aber mit witzig sein und einer netten Einladung trudelte der Tierheimschlächter durch die Gartenpforte und alle atmeten weiter. Hoppla kam auch nochmal um die Ecke, als Rastaff sich sehr abrupt einen sehr ernsthaften Kampf mit einem unserer Gassigeher und Ehrenamtler anfing und diesen auf einem Gassigang nach einer guten halben Stunde Heile Welt mit Maulkorb derart bearbeitete das T Shirt und Oberkörper nach Ausbruch einer Zombieapokalypse aussahen. Ähnliche Situation hatten wir mit einem weiteren Freund welcher ebenfalls einen sehr krassen Konflikt mit Rastaff hatte als dieser Rastaff in einem Streit mit einem anderen Hund trennen wollte. Beide Männer waren vom Typ her eher muskulös und autoritär vom Auftritt her, sodass wir dort vermeintlich ein Muster hatten.

Rastaff war zu diesem Zeitpunkt unkastriert kam aber dennoch gut in der Hundegruppe zurecht. Er war ein Kindskopf der zwar sehr lernwillig und schon fast klebrig gegenüber uns war, dies war aber anscheinend auch dem Wissen geschuldet, dass er ebenso gut auch alle umbringen konnte wenn er wollte. Und bis zu heutigen Tage, hat sich daran nichts geändert, außer Zeit und Geschichte. Rastaff ist in der Blüte seines Lebens.

Er hat bereits eine Vermittlung hinter sich, welche nach einem Jahr abgebrochen werden musste. Klar war, dass Rastaffs forever Home eine Stelle war, wo man akzeptieren konnte, dass er nicht in die Mitte Deutschlands und mitten unter deutsche Tierfreunde passte, war hier doch noch weitläufig der Glaube vertreten, Hunde seinen dankbar wenn man sie vor dem Tod rette. Und an dieser Stelle sei gesagt natürlich sind halb tot geprügelte und ausgehungerte Hunde aus einer Tötung in der Lage einen Unterschied zu einem deutschen Wohnzimmer zu bemerken und auch sich darüber zu freuen …aber dankbar? Warum nehmen Menschen überhaupt an dass geleistete Hilfe auch gleichzeitig an Bedingungen geknüpft und mit ihren Erwartungen einher geht?

Aber weiter im Text Rastaffs neuer Familienanschluss akzeptierte dies ohne “Wenn und Aber“ und liess zum Glück in den unterschiedlichsten Situationen einen Maulkorb drauf, nicht zuletzt weil wir ihnen von den beiden Eskalationen gegenüber unseren männlichen Mitstreitern berichtet hatten. Soweit lief alles gut, aber man bemerkte, dass Rastaff nach einem Monat bereits begann die Hausregeln in Frage zu stellen, so knurrte er den halbstarken Sohn im Haus an wenn dieser sich seinem Vater nähern wollte oder die Küche betrat. Er liess auch zum Teil Besucher nicht wirklich rein und bockte hier und da wenn er in seiner Räumlichkeit begrenzt wurde oder der Maulkorb aufgezogen werden sollte.

Hier wurde mit ihm über den sozialen Ausschluß gearbeitet d.h. wenn er wiedermal ein Familienmitglied in Frage stellte oder einen Besucher stumpf in den Boden rammen wollte wurde er „vertrieben“. Signalisiert wurde ihm damit dass sein Verhalten in dem Moment wo es auftrat, so nicht akzeptiert wurde. Er wurde also nicht weggesperrt oder aus der Situation genommen, sondern lernte in der Situation selbst, dass sein gezeigtes Verhalten, welches wohl unweigerlich an seinen Status geknüpft war, nicht akzeptiert wurde. Schon bald entspannte sich die Lage, denn auf einen Verweis folgte, auf ein angepasstes Verhalten auch sofort die Einladung wieder dabei zu sein und freundlich begrüßen zu dürfen. Wir hörten lange Zeit nichts, bis zu dem Tag, wo Rastaff und sein Halter einen Ausflug machten. Es gab hier viele verschiedene Situationen, etwa Begegnungen mit anderen Hunden, einen netten Plausch mit einem anderen Hundebesitzer, bei dem Rastaff sich in einem guten Meter Abstand zu den Gesprächspartnern ablegte und einschlief. Rastaff ist im Allgemeinen sehr wenig an Interaktion mit fremden Menschen oder Hunden interessiert und fürchtet sich weder noch ist er übermäßig angespannt. Er würde auf Aufforderung meinerseits sogar hingehen und sich freundlich annähern aber ohne Auftrag verhält er sich neutral entspannt und auf Abstand.

Wenig später setzten beide ihre Wanderung fort und kamen an ein Flussufer wo Rastaff ausgiebig baden ging. Als sein Halter ihn aufforderte raus zu kommen um weiter zu gehen und dabei am Ufer abrutschte und hinfiel attackierte Rastaff, der zum Glück immernoch einen Maulkorb trug, ihn sehr heftig und ließ einige Minuten nicht mehr von ihm ab.

Natürlich berichtete man uns sofort von dem Vorfall, wollte Rastaff aber nicht aufgeben, da Rastaff in allen anderen Situationen einfach ein Traum von Hund ist. Wir hier in der Foundation hatten aber natürlich sofort ein ungutes Gefühl, klang diese Art der Attacke doch genau wie jene die sich auch hier ereignet hatten.

Doch war er ja schon gefühlt eine halbe Ewigkeit dort und hatte neben seiner Idee die Weltherrschaft zu übernehmen keinerlei Anzeichen für derartige Motivation gezeigt.

Außerdem war der jetzige Besitzer nicht der Typ Wandschrank, sondern eher aufmerksam, drahtig mit sehr in sich ruhendem Wesen.

Nach weiteren zwei Wochen dann ein weiterer Anruf. Die Leine war aus der hand gerutscht und beim danach Bücken, rammte Rastaff ihm den Maulkorb an die Schläfe, sodass kurz Sterne kreisten.

„Ja, danke reicht“, Hellhound-Schnute nach dem Auflegen. Ratlosigkeit.

„Was is dass für ein Teufel?“, an diesem Tag kam Rastaff wieder zurück. Der Abschied war schwer, dennoch wäre ein weiterer Versuch zu gefährlich gewesen und auch nicht zu verantworten.

Wenige Wochen später sah ich dann den tatsächlichen Trigger für Rastaffs Angriffe. Unterlegenheit. Das blöde, Rastaff zeigt dieses Verhalten tatsächlich nur wenn er sich absolut sicher ist dass er den Kampf gewinnt. In allen Situationen waren Menschen in einer unvorteilhaften Position, rechneten nicht mit einem Angriff und waren abgelenkt. Im Tierheim waren beide Frauen gestürzt und im Dunkeln und auf nassem Untergrund. Unser Gassigeher wurde beim Ausführen des Kommando Platz angerempelt und sammelte sich grade als Rastaff ernst machte. In der Konfliktsituation lag der Fokus auf dem anderen Hund und im neuen zu Hause war der Halter beide mal in Kopfhöhe zu ihm.

Prognose : Schöne Scheisse.

So einen Hund weiter in Umlauf zu bringen steht für uns außer Frage, da das Zusammenleben bedingt dass niemand einen Fehler macht und Material einfach immer hält.

Zudem scheint es ist Rastaff mit dem 24/7 mit Menschen eingesperrt sein überfordert und fördert ihn nahezu Schwachstellen zu suchen. Seine Haltung in der Foundation besteht aus allem und nichts. Er geht sowohl in der Gruppe als auch regelmäßig einzeln in Ausläufe oder Zwinger. Er begleitet mich zu Schulungen und Seminaren und arbeitet aktiv in der Hundeschule mit.

Trigger sind Menschen ohne Bezug zu ihm, die ihn übergehen indem sie z.B. Unterordnung einfordern oder Menschen mit Bezug zu ihm die nicht klar mit seinem Statusproblem zusammen leben und in einer Konfliktsituation nicht voll bei der Sache sind.

Heisst wenn angehende Hundetrainer auf dem Rasen stürzen ohne ihm vorher „Hallo“ gesagt zu haben interessiert es ihn nicht. Wenn Menschen ihm Raum geben, nichts erwarten und einfach nur witzig mit ihm sind- passiert nichts. Wenn Schäferhund Krause meint dass man ihm nur mal zeigen muss wos lang geht – gibt’s n Problem. Wenn man ihn zu Menschen sperrt die so einen Hund noch nicht gesehen haben – gibt`s n Problem.

Nicht tauglich für Deutschland aber leider aktueller denn je ein Hund der gebraucht wird um Leuten die Feinheiten von Kommunikation beizubringen. Rastaff ist schon längst nicht mehr so unverhältnismäßig wie er mal war, da er in der Haltung einfach seinen raum hat und in seinen Konflikten nicht allein gelassen wird. Wir kennen ihn und sehen wenn es zu viel wird. Wir wissen wann er rempelt weil er Kontakt will und wann er dies tut weil er sich beulen will. Er hat eine höhere Frustrationstoleranz und ist auch kommunikativer über das Leben und Lernen in der Gruppe. Hunde wie Rastaff sind unvermittelbar für uns aber wertvolle Mitarbeiter. Im Bezug auf Vanessa so scheint es ist er absolut loyal und würde eher seine Knochen opfern statt sie anzugreifen, sie ist aber auch noch nie so richtig auf die Fresse geflogen ? .

Rastaff ist Crewmitglied der 666 Crewhunde der Foundation.

 

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